Ethnologische Beschreibung

Der königliche Landgerichtsbezirk Regen von 1860


Da vom Alltag aus dem Leben meiner früheren Generationen leider nur wenig bekannt ist, sei nachfolgend eine unveränderte (auch was die Schreibung betrifft!) ethnologische Beschreibung aus dem Jahr 1860 über die Verhältnisse im damaligen königlichen Landgerichtsbezirk Regen wiedergegeben. Da die Begebenheiten bis gegen 1920 bestehen blieben, dürften die Schilderungen in etwa auf die Generationen meiner Ururur- und Ururvorfahren zutreffen.

Unterdonaukreis 1808 Vorab noch ein Ausschnitt aus einer Verwaltungskarte des Königreichs Bayern aus dem Jahr 1808. Das Anfang 1806 gegründete Königreich wurde unter Berücksichtigung natürlicher Grenzen in 15 Verwaltungsbezirke eingeteilt. Das Landgericht Regen gehörte demnach zum sogenannten Unterdonaukreis, der hier abgebildet ist. Die komplette Verwaltungskarte ist übrigens vermutlich die älteste im Flachdruck hergestellte Karte der Welt! (Quelle: Deutsches Museum München, Archiv KT 01169.)


Das Landgericht Regen

Charakteristisches in der physischen und intellektuellen Constitution der Bezirksbevölkerung

»Bei der Körperbildung ist eine vorzügliche Ausbildung des Muskelsystems vorherrschend. Der Körperbau ist kräftig, der Wuchs schlank. Die Männer haben meistentheils eine Größe von 5 ½' bis über 6' kleinere Männer kommen selten vor.
Das weibliche Geschlecht hat zwar in der Regel geringere Größe, doch den männlichen starken Körperbau zur Erzeugung einer fortwährend sich regenererirenden kräftigen Menschenklasse geschaffen. Beide Geschlechter zeigen sich in Gang und Arbeit flink und rüstig.
Die Gesichtsbildung ist bei beiden Geschlechtern ein wohl gelungenes Oval mit gut geformter Nase, frische Gesichtsfarbe, das Auge braun, das nicht in dichter Menge vorhandene Kopfhaar von blonder Farbe bis zum dunkelbraun in unzähligen Schattierungen. Die Körperbildung der hiesigen Bewohner sowie Gang und Haltung sind bedeutend. Von jener im benachbarten Böhmerland verschieden. Die Gestalt des Kopfes, die kurze breite Nase, das tiefliegende graue Auge, die blaße Gesichtsfarbe und das schwarze dichte Haupthaar des Böhmen zeigt einen anderen Völkerstamm, sowie bei den Bewohnern Böhmens der slawische Volksstamm, so ist bei dem bayer. Waldbewohner der germanische Volksstamm beurkundet.
Die Sprache hat weniger eigenthümlichen Ausdruck und ist ziemlich verständig nur hat sie das Eigenthümliche daß die Landleute bei manchen Worten den Buchstaben in der Sprache auslaßen wo er hineingehört und eben diesen Buchstaben dahin einsetzen, wo er nicht hingehört wie z. B. bei dem Worte schön sagen sie schei und bei dem Worte nein sprechen sie nä. Statt 9 sprechen sie nenn.

Der Landgerichtsbezirk umfaßt 2 Magistrate III Classe Regen und Zwiesel
dann ferner 25 Landgemeinden:
1, Abschlag; 2, Baerndorf; 3, Baernzell; 4, Bischofsmais; 5, Bodenmais; 6 Brandten; 7, Eisenstein; 8, Eggenried; 9, Ellerbach; 10, Frauenau; 11, Habischried; 12, Hochdorf; 13, Kasberg; 14, Kirchdorf; 15, Kirchberg; 16, Klautzenbach; 17, Langdorf; 18, Lindberg; 19, March; 20, Oberneumais; 21, Raindorf; 22, Rinchnach; 23, Rinchnamündt; 24, Schlag und 25, Zell.

Diese Landgemeinden umfaßen:
1, 60 Einöden; 2, 67 Weiler; 3, 68 Dörfer; 4, 63 Mühlen einzelstehend; 5, 8 Pfarrdörfer; 6, 6 Plätze mit einzelnen Häusern; 7, 8 Glasfabriken; 8, 3 Zündholzfabricken und endlich die 2 Märkte Regen und Zwiesel.
Im Markte Regen befindet sich ein Armenhaus und ein Krankenhaus einzig und allein dem Heilzwecke gewidmet, worin auch auswärtige Kranke der Landgemeinden gegen Kostvergütung vertragsmäßig aufgenommen werden müssen.
In Zwiesel dagegen sind ein paar Zimmer im Armenhause zur Aufnahme von allenfällsig erkrankten Dienstbothen in Bereitschaft gesetzt.
Der ganze kgl. Landgerichtsbezirk Regen wird von 19 361 Seelen nach der neuesten Zählung vom Jahre 1858 bewohnt. Darunter sind

1, 2 774   männliche Kinder unter 14 Jahren
2, 2 872   weibliche Kinder unter 14 Jahren
4, 420   Witween
5, 3 641   männl. Nichtverheurathete und
6, 3 703   weibl. Nichtverheurathete.
7, 2 842   Verheurathete Männer und
8, 2 838   verheurathete Frauen

in Summa 19 361«
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Quelle u. a. "Staatsbibliothek München"